Auf in die Wildnis!
Mit dem Kleinflugzeug heben wir in den frühen Morgenstunden in Adelaide ab. Unser Ziel: die abgelegenen nördlichen Flinders Ranges, genauer gesagt das Arkaroola Wilderness Sanctuary. Schnell wandelt sich unter uns die Landschaft und die bizarren Gebirgsformationen der Flinders tun sich auf. Keine Siedlungen, keine Straßen, sondern einfach nur Berge fast soweit das Auge reicht. In weiter Ferne, dort, wo die Berge abflachen und in endlose Ebene übergehen, deutet sich das schneeweiße Glitzern riesiger Salzseen an.
Willkommen in einer anderen Welt
Als wir auf der staubigen Piste landen, erwarten uns schon unsere Gastgeber Doug und Vicky, die uns herzlich in Empfang nehmen. Auf der kurzen Fahrt zum Arkaroola Village werden wir mit Infos über die Geschichte Arkaroolas, Geologie, Tierwelt und vieles mehr überschüttet. Dougs Eltern kauften 1968 das Gelände und erklärten es zum Schutzgebiet. Soweit wäre dann seine Passion für dieses Stück Erde erklärt, aber woher stammt diese unfassbare Masse an Wissen? Aber auch das wird auch das schnell klar. Sein Vater war ein bedeutender Geologe, Zoologe und Paläontologe. Er hat die ältesten Fossilen der Welt entdeckt, Tiefseecanyons erforscht und war eine wichtige Person in der Minen-Industrie, bis er sich dazu entschied, sein Leben Arkaroola zu widmen. Und der Apfel ist nicht weit vom Stamm gefallen: Dougs vereinnahmende Persönlichkeit haut einen förmlich um! Seine Erzählungen sind nicht nur fesselnd, sondern auch urkomisch. Ich könnte ihm ewig lauschen.
Das Arkaroola Village
Das „Dorf“ liegt idyllisch eingebettet zwischen den schroffen Hügeln und besteht aus Tankstelle, Restaurant/Bar plus Shop und einem einladenden Pool. Natürlich darf die in Australien obligatorische Barbecue-Area nicht fehlen. Vicky versorgt uns mit einem leckeren und zugleich liebevoll hergerichteten Mittagessen, bevor wir unsere Zimmer beziehen. Hier ist alles in typischer Outback-Manier eher rustikal und schlicht gehalten, aber es ist gemütlich und hier gibt es so viel zu tun, dass jede Minute auf dem Zimmer ohnehin Zeitverschwendung wäre. Ich bin mir sicher: Die Tage hier werden grandios!
Allradabenteuer Arkaroola: Geschüttelt, nicht gerührt!
Das Gelände von Arkaroola ist ein Paradies für Wanderungen, für die bei einem Besuch unbedingt Zeit eingeplant werden sollte. Trotzdem sind viele der versteckten Schönheiten weit über die insgesamt 610 km² verstreut und nur mit dem Allradwagen erreichbar. Einige der „besser ausgebauten“ Strecken eignen sich für Selbstfahrer. Routenbeschreibungen sowie die nötigen Schlüssel zu den Gattern erhalten Abenteuerlustige an der Rezeption. Für uns geht es mit Doug auf die legendäre „Ridge Top Tour“, eine geführte Allradtour. Gut festhalten ist nun angesagt. Über Stock und Stein, vorbei an den „besser ausgebauten“ Strecken (was auch immer hier besser ausgebaut bedeuten soll), fahren wir immer tiefer ins Gelände hinein.
Steine, Steine, Steine
Hier und da hält Doug an und weist geologisch besondere Formationen oder Gesteine aus, erklärt von der Entstehung des Milliarden Jahre alten Gebirgsmassivs bis hin zu den Eigenschaften einzelner Gesteine einfach alles. Sogar schwach radioaktives Gestein findet sich. So packt er kurzerhand einen Geigerzähler aus, um dies zu demonstrieren. Alles über Steine…na prima…klingt langweilig und trocken. Aber ganz im Gegenteil ist der Fall. Doug schafft es, diese Welt aus Mineralien und der Entstehung dieses Gebirgsmassivs so lebendig und spannend zu machen, wie ich es niemals für möglich gehalten hätte.
Regen? Heiß ersehnt!
Nicht nur die Geologie zeichnet das Gebiet von Arkaroola aus, auch die Landschaft ist einmalig. Wir passieren trockene Flussläufe und versteckte, von Eukalyptusbäumen gesäumte Wasserlöcher, die wie kleine Oasen in den Tälern schlummern. Alles scheint auf den inzwischen schon viel zu lange überfälligen Regen zu warten. Auch die Tierwelt scheint über die Trockenperiode wie in einen Dornröschenschlaf versetzt. Die Artenvielfalt von Flora und Fauna ist gewaltig, obwohl die Bedingungen eher widrig sind: Seltene Vogelarten, Reptilien und auch Säugetiere haben hier ein Refugium gefunden. Besonders der Bestand des gefährdeten Gelbfuß-Felskängurus konnte hier sich hier bestens erholen. Diese scheuen Tiere dösen tagsüber in Felsspalten oder im Schatten der Sträucher. Gegen Abend werden sie aktiv und kommen aus allen Löchern gehüpft. Natürlich lässt Doug es sich nicht nehmen, sein auch in Sachen Tier- und Pflanzenwelt unendliches Wissen mit uns zu teilen.
Schaffen wir es da wirklich hoch?
Der Weg schraubt sich bergauf und bergab, auf Hügel und durch Schluchten und hinter jeder Kurve eröffnet sich eine neue Welt. Schließlich halten wir an, steigen aus und schauen auf einen Bergkamm, der sich steil vor uns erhebt. Links und rechts stürzt sich der Fels senkrecht in die Tiefe und an der Spitze des Kamms ist eine kleine Plattform, hinter der es (was auch sonst) senkrecht nach unten geht. Der Sillers Lookout. „I survived the Ridgetop Tour“ steht auf diversen Souveniers, die ich vorhin im Shop gesehen hatte – jetzt weiß ich warum. Schon lädt Doug uns wieder ins Auto und startet den Motor. Ok…wir fahren da wirklich hoch. Im Schneckentempo kämpft sich der Wagen Meter um Meter nach oben, bis wir die Plattform erreichen. Was für eine Aussicht. Ich fühle mich, als sei ich auf dem Dach der Welt angekommen und dem Himmel ein Stückchen näher.
Ein Blick in die Sterne. Oder: Gibt es irgendetwas in diesem Universum, was Doug nicht weiß?
Nachdem wir uns vom Staub der Piste befreit haben, erwartet uns urgemütliche Outback-Pub Atmosphäre im Restaurant. Vicky glänzt wieder als liebevolle und aufmerksame Gastgeberin, sodass wir uns pudelwohlfühlen. Dann steht noch ein ganz besonderer Höhepunkt bevor: Arkaroola bietet hervorragende Bedingungen für Sternenbeobachtung! Also machen wir uns auf, um aus einem der drei Observatorien einen Blick in die Sterne zu werfen. Erst schauen wir mit bloßem Auge auf dem Himmel. Wir bestaunen die Milchstraße und unterschiedliche Sternenbilder. Anschließend folgt der Blick durch das Teleskop und eine faszinierende Welt aus entstehenden und sterbenden Sternen, Nebelwolken und Planeten tut sich auf. Inzwischen nicht weiter verwunderlich, dass sich Doug selbstverständlich auch in der Astronomie bestens auskennt. Ein wundervoller Tag geht zu Ende und auf dem Weg zu meinem Zimmer fühle ich mich auf einmal ganz klein unter dem riesigen Himmelszelt.
Nur Fliegen ist schöner
Auf verschiedenen Rundflügen lässt sich die Region aus der Vogelperspektive bestaunen, was ein absolutes Muss ist! Also geht es für uns in die Lüfte. Dieses Mal werden wir nicht von Doug begleitet, obwohl er natürlich auch Pilot ist. Sein Sohn Mark hebt am Morgen mit uns in einer kleinen Cessna ab. Die Welt, die sich uns aus der Luft eröffnet, ist kaum in Worte zu fassen. Die unterschiedlichen Gesteine und Formationen der Flinders Ranges zeichnen wunderschöne, bunte Bilder und hinter den Bergen erstreckt sich das endlose, rote Outback. Wir überfliegen die größte Rinderfarm der Welt, die Anna Creek Station und sehen den Dingo Zaun, der sich über Tausende Kilometer durch den Südwesten Australiens zieht. Schließlich erreichen wir Lake Eyre, der still unter uns in der Sonne glitzert.
Wie der Vater, so der Sohn
Scheinbar endlos zieht sich dieses Naturwunder unter uns hin. Ganz wie sein Vater unterhält Mark uns mit Geschichten rund um die Entstehung der Landschaft, über die wir hinweg schweben. Wir fliegen weit in den Norden, wo die Zuflüsse des Sees liegen, welche nach der Regenzeit Wasser von Queensland bis hinunter zum See bringen. Dies geschieht allerdings nicht jährlich und die Regenfälle reichen sogar nur alle Jahrzehnte aus, um den See ganz zu füllen. Ist es jedoch soweit, verwandelt sich die Salzfläche in eine Oase für die Tierwelt. Vor allem Vögel zieht es dann in Scharen an den See, aber auch Fische und andere Tiere tummeln sich dann hier. Das Wasser nimmt die schönsten Rosatöne an und Wildblumen säumen die Ufer. Aber auch jetzt, wo er komplett trocken ist, übt er eine magische Faszination aus.
Fly In Lunch oder die kleinste Stadt Australiens
Nach mehreren Stunden Flug ist es Zeit, sich die Beine zu vertreten und auch der Magen möchte gefüllt werden. So steuert Mark William Creek, eine typische Outback-Siedlung an. Schon beim Landanflug wird klar, dass die Stadt nicht besonders groß ist. Und tatsächlich: William Creek rühmt sich damit, die kleinste Stadt Australiens zu sein. Nur sechs permanente Bewohner zählt es hier. Sieben, wenn der Hund mitgezählt wird. Aber nichts desto trotz gibt es natürlich einen Pub, wir sind ja schließlich in Australien! Dieser ist sogar erstaunlich voll, es scheinen von überall her Menschen hier einzukehren. Einige davon sind mit dem Auto auf dem legendären Oodnadatta Track unterwegs, der durch die Stadt führt. Viele aber scheinen tatsächlich eingeflogen zu sein, um hier zu Mittag zu essen. Einer davon hat sogar sein Flugzeug kurzerhand direkt vor dem Pub geparkt. So etwas kann es nur hier geben!
Alles Gute geht zu Ende
Nach der Stärkung setzen wir unseren Flug über das Outback fort. Die Painted Hills und der sagenumwobene Marree Man lassen sich ausschließlich aus der Luft bestaunen und bieten wieder ein ganz anderes Bild als die Landschaft bisher. Wer also glaubt, dass das Outback einfach nur langweilig und öde ist, täuscht sich gewaltig! Gegen Abend wird es Zeit Abschied zu nehmen und wir landen in Port Augusta, von wo aus wir unsere Reise nach drei grandiosen Tagen fortsetzen werden. Was bleiben wird, sind wundervolle Eindrücke und die Begegnung mit faszinierenden Menschen. Denn egal, wie spektakulär die Landschaft, wie faszinierend die Tierwelt und wie geheimnisvoll der Sternenhimmel hier sind: Der ganz besondere Zauber Arkaroolas liegt in den Menschen hier, die sich voller Leidenschaft und Herz dem Erhalt dieses Naturparadieses verschrieben haben und jedem Gast das Gefühl geben, ein Teil dieser Familie zu sein.